Dieses Land, das ich vor einigen Jahren persönlich näher kennenlernen durfte, beschäftigt mich seitdem besonders nach dem Einmarsch russischer Truppen im vergangenen Februar in besonderem Maße. Ich habe damals vor allem Anlagen der Montanindustrie besichtigen dürfen, u.a. das große und inzwischen zerstörte Stahlwerk in Mariupol und das gewaltige Eisenerzvorkommen in Kryvyii Rih. Nach nun fast einem Jahr kriegerischer Auseinandersetzungen stellt sich nun verstärkt die Frage, wie man sich den Ausgang vorzustellen hat.
Die Neujahrsbotschaft des ukrainischen Präsidenten Selenskij, dass man 2023 vor einem Sieg seines Landes steht, ist aus meiner Sicht ein total unrealistisches Szenario, ungeachtet der jüngsten kleinen Erfolge an der Front. Letztlich sollte es sich aber als nicht erreichbar erweisen, die bereits seit 2014 von Russland annektierten Gebiete wie den Donbass bzw. die Krim dauerhaft zurückzugewinnen.
Was bleibt von der Rest-Ukraine? Eine weitgehend deindustriellierte Region mit weitgehend zerstörter Infrastruktur, in der es kein Interesse an Hilfestellungen aller Art der jetzigen westlichen Verbündeten mehr geben wird. Das wird man Russland überlassen, das dann vor der Aufgabe steht, die angerichteten massiven Schäden zu beseitigen.
Den Präsidenten Selenskij wird man (in den USA?) als hochgeachteten Kriegshelden ehren. In Hamburg werden wir wohl die Brüder Klitschko wiedersehen, deren Bekanntschaft ich selbst in ihrer aktiven Zeit als Sportler machen durfte.
Unter russischer Leitung werden der Bevölkerung schwere Zeiten bevorstehen. Millionen geflüchtete Bürger werden nicht in die alte Heimat zurückkehren, was die Wirtschaft schwer belasten wird.
Was gewinnt nun Russland nach einem gewonnenen Krieg? International hat sich das Land in die Isolation begeben, die westlichen Abnehmer von Energie haben sich nahezu vollständig verabschiedet. Der Weg zurück zu „normalen“ Zeiten bleibt daher nicht möglich.
Es bleibt das traurige Fazit, dass sich die Erfahrung aller bisherigen Kriege wiederholt, dass es unabhängig vom jeweilen Ausgang nie einen Gewinner gibt, vielmehr immer eine weitere Fülle von Problemen, nicht zuletzt ökonomischer Art-
Im Allgemeinen ist man wenig erfreut, wenn man sich in seinen Ansichten irrt. In diesem Fall wäre ich aber hocherfreut, wenn es so wäre.
Im Januar 2023
Claus Müller
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